Der Schwingungsraum
Der zweite Effekt ist verantwortlich dafür, dass die Lichtgeschwindigkeit auf der Erde in alle Richtungen mehr oder weniger konstant ist. Er erklärt das Resultat des Michelson-Morley Experiments von 1887, das allen Aether-Theorien den Todesstoss versetzte. Man hatte aufgrund der Aberration der Sterne postulieren müssen, dass sich die Erde frei durch den Aether hindurchbewegt. Der Grund ist folgender: Während auf einem Motorrad der Schall eines senkrecht darüber fliegenden Flugzeuges aus einer etwas zur Fahrtrichtung hin verschobenen Richtung zu kommen scheint, kommt er in einem geschlossenen Autobus (mitgeführte Luft) senkrecht von der Decke. Die Möglichkeit, dass sich die Lichtgeschwindigkeit harmonisch der Erde anpasst, war also auf Grund dieser sehr materiellen Eigenschaften, die man diesem Aether zuschrieb und der Unkenntnis der Quantennatur des Lichtes (Bruch der Wellenfronten) von allen weiteren Überlegungen verbannt worden.
Es ergeben sich so triviale wie auch revolutionäre Erkenntnisse: Geht man auf eine Lichtquelle mit 3 m/s zu, so nähert sich einem das Licht mit einer um 3 m/s erhöhten Geschwindigkeit.
Weiter folgt, dass die Lichtgeschwindigkeit auf der Erde selbst für ruhende Beobachter nicht konstant ist. Am Äquator muss die Lichtgeschwindigkeit in Umlaufrichtung der Erde um etwa 300 m/s kleiner und gegen Umlaufrichtung um 300 m/s grösser sein als senkrecht zu ihr. Dieser Wert entsteht auf folgende Art und Weise: Es lässt sich leicht zeigen, dass der Schwingungsraum auf der Erdoberfläche zu mehr als 99.9 Prozent von der Erdmasse bestimmt wird. Am Äquator beträgt die Umdrehungsgeschwindigkeit 460 m/s. Da nur ein kleiner Teil der Erdmasse diese Geschwindigkeit voll mitmacht (dieser Teil wirkt sich jedoch am stärksten aus, da er am nächsten liegt), ergibt sich, dass der für die Ausbreitung der elektromagnetischen Wellen relevante Schwingungsraum diese Bewegung zu etwa 60 Prozent nicht mitmacht.
Die Masse der Sonne ist 333 000 mal so gross wie die der Erde. Möchte man wissen, von wo an der Schwingungsraum mehr durch die Erde als durch die Sonne beeinflusst wird, so kommt man genau zu dem Bereich, in dem ein Körper stärker von der Erde als von der Sonne beschleunigt wird. Das heisst, der Abstand zur Sonne muss √333000 mal grösser sein als der zur Erde. Das ergibt in etwa eine Kugel mit einem Radius von 260 000 Kilometer (zum Vergleich: die mittlere Entfernung des Mondes beträgt 380 000 km). An der Oberfläche dieses Bereichs wird der Schwingungsraum in gleicher Weise von der Erde wie auch von der Sonne beeinflusst. Von der Sonne aus betrachtet, teilt er die halbe Geschwindigkeit der Erde und von der Erde aus die halbe der Sonne.
Weitere konkrete Auswirkungen dieses Effekts lassen sich am besten aufzeigen, indem man verfolgt, was mit Sonnenlicht passiert, das an der Erdoberfläche zur Sonne zurück reflektiert wird. Da sich die Erde mit einer Geschwindigkeit von 30 km/s um die Sonne bewegt, ergibt sich auch hier das Phänomen der Aberration. Die Umlaufgeschwindigkeit macht ziemlich genau 0.01 Prozent der Lichtgeschwindigkeit aus. Sowohl in der Zeit, in der die Sonnenstrahlen die letzten 300 m (auf die Sonne bezogen) zum Spiegel hin, als auch in der Zeit, in der sie sich die ersten 300 m vom Spiegel weg bewegen, wandert die Erde jeweils um 3 cm weiter. Steht die Sonne also senkrecht über dem Spiegel, so beträgt der Einfalls- wie auch der Ausfallswinkel für den Erdbeobachter nicht Null sondern 0.0063°.
Das, was von der Sonne betrachtet 300 m sind, sind auf der Erde etwas mehr, nämlich die Länge der Hypotenuse des rechtwinkligen Dreiecks mit den Katheten 300 m und 3 cm. Der Unterschied ist zwar minimal, er beträgt nur 0.0015 mm, doch geht es um prinzipielle Überlegungen. Da sich die Lichtquanten an den umgebenden Massen orientieren, bezieht sich die Lichtgeschwindigkeit in diesem Bereich auf die Erde. Das Licht kommt also in der entsprechenden Zeiteinheit nur die 300 m auf die Erde bezogen weiter, was auf die Sonne bezogen um etwa 0.0015 mm weniger sind. Von der Sonne aus betrachtet verlangsamt sich die Geschwindigkeit dieser Photonen bei Wirksamwerden des Gravitationsfeldes der Erde. Wird der Schwingungsraum dann auf der Erdoberfläche praktisch zur Gänze von der Erdmasse bestimmt, so ergibt sich folgender Zusammenhang, wobei c für die Lichtgeschwindigkeit und v für die Geschwindigkeit der Erde steht:
c.von.Sonne.betrachtet = c.auf.Erde ∙ √(1-v2/c2)
Wird jedoch postuliert, dass die Lichtgeschwindigkeit für beide Systeme identisch sein soll, so bleibt nichts anderes übrig, als Zeit und/oder Raum als Abstrakta (!) zu verändern, indem man mathematische Transformationen einführt. Konkret hat das folgende Konsequenz: Auf die Sonne bezogen breitet sich das Licht um 300 m aus, während es auf der Erde in Wirklichkeit 300 m + 0.0015 mm sind. Da hier zwei verschieden lange Strecken im gleichen Zeitraum mit der gleichen Geschwindigkeit durchlaufen werden, so ergibt sich zwangsläufig, dass die Zeit auf der Erde langsamer gehen muss, und zwar in folgendem Verhältnis:
t.erde = t.sonne / √(1-v2/c2)
Das wäre an und für sich von geringerer Bedeutung, hätte es nicht folgende paradoxe Konsequenz: Macht man das Experiment in umgekehrter Richtung, so kommt man in gleicher Weise zu dem Schluss, dass die Zeit auf der Sonne langsamer läuft:
t.sonne = t.erde / √(1-v2/c2)
Man könnte auch versuchen, anstatt der Zeitkoordinate die Raumkoordinaten in Bewegungsrichtung zu verändern. Man käme dann aber zu dem Schluss, dass sich der Raum in diese Richtung auf die Länge Null reduzieren müsste. Denn nur wenn die zweite Kathete (in obigem Beispiel 3 cm) auf die Länge Null reduziert wird, können eine Kathete (in obigem Beispiel 300 m) und eine Hypotenuse gleich lang sein.
Als eindrückliche Bestätigung der speziellen Relativitätstheorie wird öfters folgendes Experiment erwähnt: In einem Teilchenbeschleuniger werden Teilchen auf nahezu Lichtgeschwindigkeit beschleunigt. Diese senden dann Photonen aus, die sich jedoch unabhängig von der Geschwindigkeit der sie emittierenden Teilchen immer mit Lichtgeschwindigkeit ausbreiten. Für den Beobachter beträgt die Geschwindigkeitsdifferenz vom Teilchen zu den Photonen, die in Bewegungsrichtung ausgesandt werden, einen Bruchteil der Lichtgeschwindigkeit, hingegen die zu den Photonen in entgegengesetzte Richtung nahezu die zweifache Lichtgeschwindigkeit. Die Existenz einer eleganten mathematischen Transformation, durch die diese beiden Geschwindigkeiten wieder zur Lichtgeschwindigkeit umgeformt werden können, hat für die Realität keine Bedeutung.
Da Photonen sich als Schwingungen (Wellen) durch den Schwingungsraum manifestieren, so ist es einleuchtend, dass für ihre Ausbreitungsgeschwindigkeit ihre Herkunft keine Rolle spielen kann.
Materieteilchen mit hoher absoluter Geschwindigkeit (relativ zum Schwingungsraum) schwingen verzerrt, ihre Schwingungsdauer wird grösser und ihre Eigenzeit folglich langsamer. Es versteht sich von selbst, dass absolute Geschwindigkeiten (relativ zum Schwingungsraum) von Materieteilchen die Lichtgeschwindigkeit nicht erreichen können. Der sehr universelle Faktor
√(1-v2/c2)
könnte auch hier eine gute Approximation für die effektive Zeitverlangsamung sein.