Eine von Relativitätstheorie unabhängige Herleitung von E=mc2

Dass sich die Lorentz-Transformations-Gleichungen (und deren philosophische Vorstellung von Raum und Zeit) durchsetzen konnten, hing zu einem grossen Teil von folgendem Faktor ab: Es gelang Albert Einstein, aus ihnen die Massen­zunahme in Abhängigkeit der Geschwindigkeit und die Äquivalenz von Masse und Energie abzuleiten.

Massen­zunahme und Masse-Energie-Äquivalenz (und in der Folge die gesamte Hoch­geschwindigkeits-Kinematik) ergeben sich aber auch aufbauend auf dem klassischen Raum-Zeit-Gefüge mit folgender Interpretation der Gravitation: Primär ist die Beschleunigung und nicht die Kraft. Alles (inklusive Licht und Licht­geschwindigkeit) wird in gleicher Weise von einem Gravitations­feld beschleunigt. Das impliziert, dass die Licht­geschwindigkeit zu einer Funktion des Gravitations­­potentials wird. Denn sonst wäre die Geschwindigkeit von elektromagnetischen Wellen von deren Herkunft abhängig. Je tiefer das Gravitationspotential, desto höher ist die Lichtgeschwindigkeit. Diese Hypothese einer nicht konstanten Licht­geschwindigkeit mag etwas ungewohnt erscheinen. Auf jeden Fall gibt es kein Experiment, das diese Annahme widerlegt.

Eine analoge Herleitung lässt sich auch im Rahmen des Einstein'schen Äquivalenz-Prinzips durchführen. Jedoch erkauft man sich die zum Postulat erhobene Konstanz der Licht­geschwindigkeit mit dem Verlassen der Euklidischen Geometrie, da sich der Raum (wie auch in der allgemeinen Relativitäts­theorie) in Richtung der Beschleunigung verkürzen muss.

Auf die Frage des Bezugssystems wird nicht speziell eingegangen. Man stelle sich ein fest mit der Erd­oberfläche verbundenes Bezugs­system vor. Das Ziel der Arbeit ist aufzuzeigen, dass auf jedem beliebigen Gravitations­potential G, (mit Licht­geschwindigkeit c) eine gegenseitige Abhängigkeit zwischen Masse, Geschwindigkeit und Energie eines Körpers der Ruhemasse m existieren muss, die sich durch die Differential­gleichung

[1]  E'[v] = m[v] v / (1-v2/c2)  mit  E[v] = k m[v]

ausdrücken lässt, wobei

[2]  m[0] = m

zu setzen ist. Wie zu erwarten folgt als Lösung

[3]  k = c2,  m[v] = m / sqrt[1-v2/c2]

und damit gilt:

[4]  E[v] = m[v] c2

Das Prinzip der Herleitung obiger Gleichungen sieht so aus: Man untersucht, wie auf einem beliebigen Gravitations­potential G mit Licht­geschwindigkeit c die Geschwindigkeit eines frei fallenden Körpers (0 <= v < c) weiter anwächst. Man nimmt dazu ein zweites (tieferes) Gravitations­potential Gunten = G - dG, das genau so liegt, dass ein Körper im freien Fall von v auf v + dv beschleunigt wird, wobei es um den Grenzfall dv → 0 geht. Auf dem tieferen Potential Gunten ist die Licht­geschwindigkeit aber etwas grösser als c, nämlich c + dc (beim gewünschten Grenzfall gilt dc = dv v/c).

Hier benötigt man eine zweite Hypothese, die elegant umgangen wird, wenn man die Konstanz von c und damit die Raumverkürzung postuliert:

Auf jedem Gravitations­potential G mit einer Licht­geschwindigkeit c ist die kinetische Energie eines Körpers der Geschwindigkeit v die identische Funktion der Masse und des Licht­geschwindigkeits-Anteils v/c. D.h. das Verhältnis von Masse und kinetischer Energie eines Körpers mit z.B. halber Licht­geschwindigkeit ist überall dasselbe, unabhängig vom Gravitations­potential (und damit von der Höhe der Licht­geschwindigkeit).

Ueber diese Hypothese kommt man mit obigem Gedankengang nicht nur zu einer Erkenntnis der Geschwindigkeit-Energie-Relation für das tiefere Potential Gunten sondern rückwirkend auch wieder für G. Damit hat man die Voraussetzung für das Aufstellen einer Differential­gleichung der Geschwindigkeit-Energie-Beziehung für das Gravitations­potential G geschaffen.

Da die kinetische Energie eines Körpers nur von der momentanen Geschwindigkeit abhängt, und die Art und Weise, wie der Körper beschleunigt wurde, keine Rolle spielt, ist die auf diesem Wege hergeleitete Geschwindigkeit-Energie-Beziehung allgemeingültiger Natur.

In der klassischen Mechanik nimmt die Energie eines Körpers der Masse m bei einer Höhen­differenz dh um den Betrag

[5]  dE = m ∙ g∙dh = m∙dG

zu oder ab, wobei dG für die entsprechende Gravitations­potential-Differenz steht. Geht dG gegen Null, so errechnet sich die Geschwindigkeitszunahme eines mit v frei fallenden Körpers während diesem Potential-Unterschied auf folgende Weise:

[6]  dv = dG/v

Auf 0.1 m Höhen­unterschied (dG ≈ 1 m2/s2) nimmt die Geschwindigkeit eines mit 10 m/s fallenden Körpers um etwa 0.1 m/s, eines mit 100 m/s fallenden um 0.01 m/s zu.

Gleichung [6] lässt sich weiter zu

[7]  dG/dv = v  oder  G'[v] = v

umformen. Multipliziert man obige Differential­gleichung mit der Masse m eines beliebigen Körpers, so ergibt sich

[8]  E'[v] = m v

und nach Integration

[9]  E[v] = 0.5 m v2 + Ekonst

Der erste Term steht für die klassische kinetische Energie. Ekonst kann als Ruhe­energie bezeichnet werden. Es ist die Energie des Körpers in seinem Ruhe­system, hier also im fest mit der Erd­oberfläche verbundenen Bezugs­system. Mit Ansatz [8] lässt sich natürlich keine Aussage über die Grösse von Ekonst machen.

Bliebe die Licht­geschwindigkeit unbeeinflusst von einem Gravitations­feld, so würde aus [6] folgen, dass ein Teilchen mit

[10a]  v = c - 0.5 (h∙g /c)

im freien Fall während der Höhen­differenz h auf

[10b]  vunten = c + 0.5 (h∙g /c)

beschleunigt würde. Hier versagt oft zu lesende Erklärung, dass es die Massen­zunahme der speziellen Relativitäts­theorie ist, die Über­licht­geschwindigkeit verhindert, denn Gravitations­beschleunigung ist massen­unabhängig.

Der simpelste Ausweg aus obigem Dilemma ist die schon in der Einleitung aufgestellte Hypothese: Die Licht­geschwindigkeit macht bei der Gravitations­beschleunigung keine Ausnahme und hängt somit vom Gravitations­potential ab; je tiefer das Gravitations­potential desto höher ist sie.

Für obiges Beispiel [10a/b] hat das folgende Konsequenz: Falls die Geschwindigkeit des Lichtes am oberen Ende der Höhen­differenz mit c angenommen wird, so ergibt sich für diese Geschwindigkeit am unteren Ende ein grösserer Wert.

[11]  cunten = c + (h∙g /c)

Der Lichtgeschwindigkeits-Anteil des Teilchens nimmt so zwar zu, bleibt aber stets kleiner als eins.

Beim freien Fall eines Massen­punktes vom Gravitations­potential G mit c auf ein tieferes Potential Gunten = G - dG ergeben sich folgende Geschwindigkeits­übergänge, wenn dG gegen Null geht:

[12a]  vunten = v + dG/v = v + dv

[12b]  cunten = c + dG/c = c + dv∙v/c

Die jeweiligen Licht­geschwindigkeits-Anteile β sind:

[13a]  β  = v / c

[13b]  βunten = vunten / cunten = (v + dv) / (c + dv∙v/c)

Aufgrund der Hypothese, dass für die kinetische Energie der Licht­geschwindigkeits-Anteil (LGA) relevant ist, folgt, dass ein Körper gleicher Masse auf dem oberen Potential G mit einem LGA von βunten die gleiche kinetische Energie besitzt wie der von G auf Gunten gefallene auf dem unteren Gravitations­potential. Auf Potential G mit c entspricht ein LGA von βunten einer effektiven Geschwindigkeit von v = βunten c. Der Geschwindigkeits­übergang des Massen­punktes bezogen auf das Potential G wird also nicht durch [12a] ausgedrückt, sondern durch

[14]  v --> vneu = βunten c = (v+dv)/(c + dv∙v/c)∙c

Anstatt einer gemäss Newton zu erwartenden Zunahme dv nimmt die Geschwindigkeit nur um dw zu

[15]  dw = vneu - v = (v+dv) /(c + dv∙v/c)∙c - v

Für infinitesimal kleine Geschwindigkeits­änderungen lässt sich dw/dv auf folgende Form bringen:

[16]  dw/dv = 1 - v2/c2

Das heisst, dass auf Gravitations­potential G die an der Licht­geschwindigkeit gemessene Geschwindigkeits­zunahme eines Körper im freien Fall um diesen Faktor [16] schwächer ist, als gemäss Newton zu erwarten wäre. Anstatt der Gleichungen [6], [7] und [8] , die zur klassischen Formel für kinetische Energie führen, ergeben sich so analog [17], [18] und [19]:

[17]  dv = (dG/v) (1-v2/c2)

[18]  dG/dv = v/(1-v2/c2)  oder  G'[v] = v / (1-v2/c2)

[19]  E'[v] = m∙v / (1-v2/c2)

Nach Integration erhält man aus [19]

[20]  E[v] = -0.5 log[1-v2/c2] m c2 + Ekonst

Diese Formel ist der Newton'schen Version [9] schon überlegen. Für kleine Geschwindigkeiten geht sie in jene über und zudem wird sie der Tatsache gerecht, dass kein materieller Körper elektromagnetische Wellen überholen kann. Auch mit diesem Ansatz kommt man natürlich zu keiner Aussage über die Ruheenergie Ekonst.

In [19] und [20] wird Energie als eine Entität betrachtet, die zur Masse eines Körpers als etwas separates dazukommt. Ein Körper einer konstanten Masse könnte Energie beinhalten, die von Null bis Unendlich reicht. Die Existenz energieloser Masse (mit Ruheenergie 0) wäre denkbar.

Nun ist es aber so, dass gerade die Existenz von Masse die Existenz von Energie impliziert. So müsste z.B. energielose Masse von einem Gravitations­feld ignoriert werden und dürfte keine Trägheit besitzen. Man stellt fest:

·         Die Existenz energieloser Masse ist prinzipiell unmöglich, und die der Masse inhärente Energiemenge ist ihr (der Masse) proportional.

·         Für jede Energieform (potentielle, kinetische, thermische, usw.) nimmt die Energiemenge immer proportional zur Masse zu oder ab.

Aus obigen Feststellungen folgt, dass die Summe aller Energie­formen (also die Gesamt­energie) und die Masse zueinander proportional sein müssen, d.h. es existiert ein Faktor k, sodass

[21]  E = k ∙ m

Gilt. Da die (Gesamt- )Energie eines Körpers u. a. von seiner Geschwindigkeit abhängt, ergibt sich weiter, dass auch die Masse des Körpers von dieser abhängt:

[22]  E[v] = k m[v]  oder  m[v] = E[v] / k

Anstatt zu [19] gelangt man jetzt zu den eingangs präsentierten Gleichungen [1] bis [4], wobei es im gleichen Zuge zu einer Aussage über die Ruhe­energie gekommen ist.


Addendum Dezember 2014:

 

Um von Differentialgleichung [1] auf die Lösung [3, 4] zu kommen, wendet man die Methode Trennung der Variablen an:

E'[v] = m[v]∙v /(1-v2/c2)   mit   E[v] = k∙m[v]    [ 1 ]
k∙dm[v]/dv  =  m[v]∙v /(1-v2/c2)
dm[v]/m[v]  =  dv∙v / (k - k∙v2/c2)

Wenn wir die linke Seite von v=0 bis v=u integrieren, erhalten wir:

log[m[u]] - log[m[0]]

Wenn wir dir rechte Seite auch von v=0 bis v=u integrieren, erhalten wir:

c2/2k (log[c2] - log[c2-u2])

Für jede Geschwindigkeit u muss dann gelten:

log[m[u]] - log[m[0]] = c2/2k (log[c2] - log[c2-u2])

Aus log[a] - log[b] = log[c]  folgt allgemein a/b = c und aus log[a]  b = log[c]  folgt  ab = c. Somit erhalten wir:

m[u] / m[0] = (c2 / (c2-u2)) ^ (c2/2k)

Die Hypothese k=c2 scheint hier zwar die naheliegendste zu sein, ist sie aber auch notwendig?

 


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