Absoluter Raum und absolute Zeit

Nimmt man einen Metallstab zur Längenmessung auf einer grossen flachen Scheibe, auf der die Temperatur vom Zentrum zum Rand hin gleichmässig abnimmt, so stellt man fest, dass das Verhältnis von Umfang zu Durchmesser mehr als π beträgt. Postuliert man, dass der Metallstab immer die reale Länge anzeigt, bleibt nichts anderes übrig als zu behaupten, dass die Scheibe von der flachen Geometrie abweicht. Erkennt man jedoch die Längenabhängigkeit des Stabes in Abhängigkeit der Temperatur, so kommt man zurück zur flachen Geometrie. Man kann ein absolutes Koordinatensystem in zwei Dimensionen einführen und als Längeneinheit die Stablänge bei einer bestimmten (aber beliebig wählbaren) Temperatur benutzen.

Probieren zwei Versuchspersonen, nebeneinander in die gleiche Richtung loszumarschieren und immer exakt geradeaus zu gehen, so werden sich ihre Wege zwangsläufig kreuzen. Es kann auf der Erdoberfläche keine Parallelen geben, da es auch keine Geraden gibt. Denn jede gerade Linie hebt sich vom gekrümmten Boden ab. Nur in Unkenntnis der echten Krümmung der Erdoberfläche könnten Beobachter zu dem Schluss kommen, es handle sich hier um einen Verstoss gegen die "einleuchtende Erfahrungstatsache" dass sich zwei Parallelen nie schneiden.

Man sieht, dass es zwei grundverschiedene Arten der Raumkrümmung gibt. Bei der ersten ist sie scheinbar, da sich die Gegenstände und damit auch die Massstäbe in Abhängigkeit des Ortes verändern. Bei der zweiten jedoch handelt es sich um eine echte Raumkrümmung in einer höheren räumlichen Dimension.

Stellt man sich eine grosse Kugeloberfläche vor, auf der gleichmässig Punkte verteilt sind, in denen die Temperatur jeweils Höchstwerte annimmt so treten bei der Vermessung mit einem Metallstab sowohl die scheinbare als auch die echte Raumkrümmung gleichzeitig auf. Will man durch Vermessung Aussagen über die Form der Kugel machen, so muss man die scheinbare Abweichung von der flachen Geometrie, die durch die Längenänderung in der Nähe der heissen Punkte entsteht, von der realen Abweichung aufgrund der Krümmung in der dritten Dimension trennen.

Sehr ähnlich verhält es sich mit der Zeit. Man kann diese nur über Bewegungen oder Schwingungen messen. Zur Illustrierung dient folgendes Gedankenexperiment: Man stelle zwei identische Pendeluhren mit vernachlässigbarer Reibung nebeneinander und achte darauf, dass beide mit gleicher Amplitude schwingen. Beschleunigt man dann eine der zwei Uhren, sodass ihre Amplitude grösser wird, so wird die angezeigte Zeit langsamer laufen als die der nicht beschleunigten Uhr (das klassische Pendelgesetz ist nur eine Näherung für kleine Amplituden). Bewegt man jedoch beide in gleicher Weise, aber in entgegengesetzte Richtung, so laufen zwar beide Uhren langsamer, zeigen jedoch die gleiche Zeit an. Kennt man wiederum die Abhängigkeit der Schwingung vom Bewegungszustand, so kommt man zurück zu einer absoluten, aber beliebig wählbaren Zeit.

Da auch Materie schwingt, wäre es widersinnig anzunehmen, dass ihre Eigenzeit unabhängig vom Bewegungszustand und vom aufgenommenen Gravitationspotential sein soll.


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