Charakterisierung des Lebendigen

Höhere Lebensformen (z.B. Menschen) zeichnen sich u.a. durch folgende Eigenschaften aus:

1.      Subjektives Erleben        

2.      Zielstrebigkeit                

3.      Wahrnehmung

4.      Nachahmung

5.      Gedächtnis (und Sensibilisierung / Desensibilisierung auf Reize)

6.      Verschiedene Aktivitätszustände (z.B. Schlaf- und Wachzustand)

Gemäss Reduktionismus sind dies nur anthropomorphe Vorstellungen für Eigenschaften komplex strukturierter Materie. Obwohl Darwinisten behaupten, diese Eigenschaften seien kausal-reduktionistisch erklärbar, sind ihre Erklärungen im Wesentlichen final und lauten so: <Die Fähigkeit zur Nachahmung ist evolutionär gesehen vorteilhaft. Deshalb verbreitet sie sich zwangsläufig, wenn sie zufällig auftritt. Dass sie in der heutigen Natur vorkommt, beweist, dass sie mindestens einmal zufällig aufgetreten ist und sich danach verbreitet hat.> Die Komplexität dieser Fähigkeit würde beim Versuch offensichtlich, einen Roboter mit dieser Fähigkeit zu bauen.

Der Glaube, die aufgezählten Eigenschaften höherer Lebensformen würden zwangsläufig irgendwie aus kausal-reduktionistischen Gesetzen folgen, wird durch nichts gestützt ausser dem Vorurteil, dass solche Gesetze ausreichen, die Welt zu erklären. Eine einfache Alternative ist die, diese Eigenschaften als fundamental vorauszusetzen und die Evolution damit zu erklären.

Subjektives Erleben und Wahrnehmung setzt individuelles Bewusstsein voraus. Der Übergang von (tierischem) Bewusstsein zu (menschlichem) Selbstbewusstsein ist kontinuierlich. Als Säuglinge hatten wir noch kein (aktuales) Selbstbewusstsein. Wenn man Tieren Bewusstsein zuspricht, was spricht dann dagegen, auch einzelligen Lebewesen mit einheitlichem zielstrebigen Verhalten, wie z.B. Zellen des Immunsystems, Bewusstsein zuzusprechen? Und legt das zielstrebige Verhalten, das Enzyme in lebenden Zellen und im Reagenzglas zeigen, nicht nahe, dass auch Enzyme beseelte Wesen mit primitivem Bewusstsein sein können?

Menschen und Tiere nehmen mit verschiedenen Sinnen einen grossen Bereich ihrer Umgebung wahr und können sich dadurch orientieren. Ohne eine solche Wahrnehmung gäbe es kein Überleben. Auch einzellige Lebewesen können sich orientieren und zielstrebig bewegen. Sogar die zielstrebigen Bewegungen vieler Zellorganellen, Enzyme, Proteine (z.B. Transkriptionsfaktoren), RNA- und DNA-Moleküle sind so, dass sie durch Energieminimierung und Entropiemaximierung nicht erklärt werden können.

Die erstaunliche Fähigkeit von Kohlenstoffatomen zur Bildung von Hohlkugeln (Fullerenen), die Fähigkeit von Wassermolekülen zur Bildung kunstvoller Kristalle oder die katalytische Fähigkeit vieler Atome und einfacher Moleküle wird theoretisch (eher) erklärbar, wenn wir den Atomen oder Molekülen primitive Wahrnehmung der Umgebung und zielstrebiges Verhalten zusprechen. Wenn Enzyme Bewusstsein haben können, liegt die Annahme nahe, dass auch einfache Moleküle und Atome Bewusstsein haben können.

Das Auftreten chemischer Oszillationen oder räumlicher chemischer Strukturen in ursprünglich homogenen Medien ist nach der klassischen Thermodynamik ein äusserst unwahrscheinliches Verhalten. Solche Effekte setzen eine chemische Reaktion voraus, bei der Energieminimierung keine Reaktionsrichtung auszeichnet. Während Entropiemaximierung gegen solche Effekte spricht, werden diese verständlich, wenn Moleküle das Verhalten benachbarter Moleküle nachahmen.

Wasser lässt sich auf einige Grad unter Null unterkühlen, bevor es zu einem nicht vorhersagbaren Zeitpunkt schlagartig gefriert. Je kleiner die Wassermenge ist, desto stärker lässt sich Wasser unterkühlen. Auch dieses Verhalten wird unter der Annahme verständlich, dass zuerst ein Wassermolekül oder eine Gruppe mit Kristallisieren beginnt und die anderen Moleküle es nachmachen. Eine analoge Situation ergibt sich bei einem ruhenden Vogelschwarm, dem sich ein Mensch nähert. Der erste Vogel, der im Menschen eine Gefahr sieht, bestimmt den Zeitpunkt, an dem der ganze Schwarm losfliegt.

Gedächtnis tritt bei den verschiedensten Lebensformen auf. Es wurde nicht nur bei einzelligen Lebewesen sondern sogar bei Riesenmolekülen nachgewiesen. So kann die augenblickliche Reaktionsbereitschaft mancher neurotransmitter-kontrollierter Ionenkanäle u.a. von der Vergangenheit abhängen: Nach lang anhaltender Erregung durch entsprechende Neurotransmitter kommt es zu einer Desensibilisierung des Kanals während einiger Zeit. Auch wenn die durchschnittliche Temperatur, bis zu der sich Wasser unterkühlen lässt, davon abhängt, ob das Wasser am Anfang kühl oder heiss war (Mpemba-Effekt), könnte das ein Gedächtnis der Wassermoleküle nahelegen.


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